Bleiben Sie zuversichtlich!

Bleiben Sie zuversichtlich! / Kommen Sie gut durch die Nacht! / Morgen ist ein neuer Tag! / Ihnen eine geruhsame Nacht! – Nachrichtensprecher*innen sprechen Nachrichten. Neutral, sachlich, unpersönlich, egal worum es geht: Krieg, Flut, Bankenkrise.

Andacht Haus der Diakonie- August 2023

Doch auch das hehrste informationelle Reinheitsverbot kann es nicht verhindern, dass sie sich am Ende der Sendung mit einem eigenen Satz verabschieden- und der in wenigen Silben etwas subjektives (und muss eben nicht so sachlich sein wie der Schlusssatz vom ZDF-heute-journal Frontmann Christian Sievers: „Danke für Ihr Interesse“.

 

Kommen Sie gut durch die Nacht! (Thomas Roth)

Morgen ist ein neuer Tag! (Tom Burow)

Eine geruhsame Nacht (Ulrich Wickert)

Oder Ingo Zamperoni:

„Bleiben Sie zuversichtlich!“

 

Zamperoni hat sich nach eigener Auskunft diesen Satz nicht zurechtgelegt, sondern er ist ihm zulaufen. In einer seiner ersten Sendungen hatte er im Frühjahr 2020 über die Corona-Welle in Bergamo zu berichten mit zig Toten, auch in den USA schwollen Zahlen an. Wie wird es in Deutschland? Trotz das Gesundheitssystem dem Virus?

„Bleiben Sie zuversichtlich“, war sein kleiner Versuch, etwas zu wünschen, so sagen, zu setzen, dass die Menschen nicht verzweifeln.

 

II.

Wir kennen aus unserem Umfeld sicher auch solche Sätze:

„Bleiben Sie gesund“, schrieb die Fasi in der Pandemie.

„Komm gut durch!“ sagte die ehemalige Superintendent fast immer zum Abschied.

 

Diese Sätze sind nicht immer religiös gemeint, aber sie signalisieren zum Abschied: Ich sage Dir noch etwas Gutes, mit dem Du dich aufmachst und weitergehst.

 

Etwas gutes sagen, eulogeo, ist im neutestamtlichen Griechischen das Wort für Segen. Am Endes des Gottesdienstes steht der Segen, das Gute zum Weitergeben und Weitergehen, denn am Sonntag gehen wir damit in die neue Woche (und es gehört zum 1×1 des Pfarrberufs: der Segen ist das letzte, das wirklich letzte, das ich im Gottesdienst sage; die Kollektenansage, die Einladung zum Kirchencafe, der Dank an den Organisten, ein informelles „dann einen schönen Sonntag“: das muss alles vorher kommen!)

 

Ingo Zamperoni würde ja auch nicht sagen: „Bleiben Sie zu versichtlich.“ Und dann noch: „Und wenn Sie dann gleich den Fernseher ausmachen, kommen Sie gut die Treppe hoch und dann machen Sie sich nicht so viel Gedanken, wenn sie im Bett liegen und nicht einschlafen können …)

 

Der finishing move (wie es im Fernsehen heißt) ist wirklich der Schlusspunkt: Was dort gesagt hat, hat etwas so Persönliches, etwas  etwas Nicht-Diskutierbares, weil es ein Wunsch, eine Zuwendung, eben ein Segen ist, den man einfach mitnimmt.

 

 

In der Kirchenbank am Ende des Gottesdienst sitzend, hörte ich, wie eine Reihe vorher ein Konfirmant den anderen anraunte: „Maul halten, jetzt kommt der Segen!“

 

Der Apostel Paulus beendet seine Briefe in der Regel auch mit klassischen, wiederholten Schlusssätzen. Diese finishing moves haben sich bis heute in die Gottesdienste gerettet:

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2Kor 13) – Das ist der sogenannte Kanzelgruß. Der letzte Satz des 2Kor. Schlusssätze scheinen also eine gewisse Haltbarkeit zu haben, wenn sie gut sind …

 

III.

Was wäre oder ist eigentlich mein Satz, also der finishing move, in dem sich etwas von mir persönlich, von meiner Haltung ausdrückt und das jeder „abbekommt“, egal ob er mich vorher erfreut und geärgert hat?

 

Wird so ein Satz als Segen aufgefasst? Kann ein solcher Schlusssatz die Kraft haben, den Weg des anderen zu begleiten?

 

Und überhaupt: Drückt sich bei mir / bei uns so selbstverständlich wie bei Roth, Wickert, Zamperoni Zuversicht und Vertrauen aus? Wir klagen und seufzen ja doch recht oft …

 

Wenn ich jetzt „Amen“ ist das eher wenig individuell und auch etwas einfallslos. Aber es ist eigentlich auch ein kompletter Schlusssatz, der auch einen Wunsch ausdrückt, dass wir gemeinsam diese Gedanken geteilt haben und in diesen Gedanken beieinander bleiben, wenn sich unsere Wege gleich trennen. Amen. So sei es.