„Ich bin weg“ – „Ich bin der Weg“

Neulich stand auf unserer Schiefertafel, auf der wir uns kurze Nachrichten schreiben: „Ich bin weg!“ Ich bin weiter. Schon unterwegs.

(Andacht im Leitungskreis zwischen Himmelfahrt und Pfingsten)

Mich reizte das unspezifisch groß geschriebene „W“ zu einer Variation … Theologie darf manchmal auch einfach sein, und das ist ja auch der Spannungsbogen dieser Wochen – von Himmelfahrt (letzte Woche) zu Pfingsten (nächsten Sonntag): Erst „Ich bin weg“ –Dann: „Ich bin der Weg“. Und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6)

Er wird Jesus „zusehends aufgehoben, „und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg“ (Apg 1,9b) – eine buchstäblich märchenhafte Geschichte. Und dann gilt – für später – das Jesus-Wort, dass er der Weg ist.

Im Erzählbogen der Evangelien geht das eigentlich andersherum (erst die Worte und Taten Jesu, dann die Himmelfahrt). Aber hinter den Evangelien stecken ja die Situation der ersten Gemeinden, in die Evangelien hinschreiben. Und da ist Reihenfolge andersherum: Wo ist Christus, der Auferstandene geblieben, fragten sie sich. Erzählerisch schließen das LkEv und MkEv nach Ostern mit der Himmelfahrt ab: Der Sohn kehrt zurück zum Vater – quasi ins Home Office, Mission beendet, keine Erscheinungen Jesu mehr auf der Erde.

Und spätestens damit war erst recht die Frage entbrannt: Wie wirkt denn der Auferstandene und Aufgefahrene fortan? Welchen Weg sollen wir bestreiten, was ist die Wahrheit? Was führt zum Leben?

Der Evangelist personalisiert diese Fragen und lässt Jesus sagen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben.“ Das Wort steht übrigens mittendrin im Erzählbogen, zwischen Wundertaten und Passionsgeschichte, als die Jünger bange fragen: Was wird mal aus uns?

Jesus kann „weg“ gedacht werden: Seine Zeit auf Erden musste ein Ende haben, um ganz Mensch zu bleiben. Und gleichzeitig kann er wirksam geglaubt werden durch Gottes Geist von Pfingsten: als meinen Weg, meine Wahrheit, mein Leben, und darin gegenwärtiger Gott zu sein.

Zwischen „Er ist weg“ und „Er ist der Weg“ pendelt die Kirche. Nicht nur zwischen Himmelfahrt und Pfingsten., Sondern: Wenn sie auch 2.000 Jahre später in Bewegung bleiben möchte.