Heute ist Freitag (Karfreitag 2012 zu Hebräer 9,15.26b-28)

Es ist der Abend des Karfreitag, damals in Jerusalem. Drei römische Soldaten sitzen um elf Uhr noch in einer Kneipe. Der hebräische Wirt bedient sie. Die Soldaten lärmen, streiten, ihnen bekommt der Wein nicht, sie fühlen sich nicht wohl. Eine Frage beschäftigt sie: Warum ist ER nicht heruntergestiegen vom Kreuz?

Predigt – Luther-Kirche

Karfreitag 2012 Hebräer 9,15.26b-28

 

Als die Soldaten den Wirt fragen, hören sie, dass den das Ganze überhaupt nicht interessiert. Umso mehr interessiert es die Soldaten. Immer wieder fragen sie: Warum ist er nicht heruntergestiegen vom Kreuz? Sie sagen sich: Es gibt doch keinen, der nicht herunter will vom Kreuz, wenn es ernst wird. Aber die Soldaten finden keine Antwort. Einer beruhigt sich mit den Worten: Das geht nicht, das gehört nicht zu seiner Rolle.

 

In ihrer Ratlosigkeit trösten sie sich mit dem Satz: Der hat sich heute da recht ordentlich benommen.

 

Zugleich bestätigen sich die Soldaten gegenseitig, dass sie sich gerade schlecht fühlen. Wie der Refrain in einem Lied wird der Satz von den Soldaten wiederholt: Der hat sich heute da recht ordentlich benommen. Es klingt wie die höchste Auszeichnung, die die Soldaten in ihrer Sprachlosigkeit zu vergeben haben.

 

So erzählt es Ernest Hemingway in seiner Erzählung „Heute ist Freitag“ (in: Die Stories).

 

Alle, die die bis heute an jedem Karfreitag „unter dem Kreuz“ verweilen, schweigen und beten, wollen verstehen, warum das so sein musste und nicht anders sein konnte. Selbst die Soldaten, die um seine Kleider gelost haben. Selbst unsere Kindergarten-Kindern, die vor kurzem, als ich die Passionsgeschichte erzählte fragten: Warum musste denn einer sterben, der nichts getan hat?

 

Warum ist er nicht heruntergestiegen vom Kreuz?

 

Warum ist der Tod nicht vermeidbar, fragen nicht nur die Frauen unter dem Kreuz, sondern alle, die trauern.

 

Warum ist ein solcher Tod nicht vermeidbar, ein Foltertod, ein Justizskandal? Das fragen wir in Solidarität mit denen, die politischer Willkür ausgesetzt sind auf der Welt, die zu Unrecht sterben müssen. Denn auch unser Heiland ist so gestorben, als Opfer eines politischen Mordes.

 

Ist Jesus damit jämmerlich gescheitert? Der König der Juden, der andere geholfen hat – er kann sich nicht einmal selbst helfen (MtEv, LkEv)?

II.

Warum ist er nicht heruntergestiegen vom Kreuz? Es hat immer Erklärungsversuche geben gegeben. Der Hebr versucht Jahrzehnte später zu deuten, was dort passiert ist. Es ist ein Brief an hebräische Christinnen und Christen, also an christusgläubige Jüdinnen und Juden. Diese Menschen haben inzwischen auch die Zerstörung des Tempels miterlebt. Der Tempel war der Ort des Opferkultes, der Ort der Hohenpriester.

 

Der Verfasser des Hebr bringt nun beides zusammen: die Frage, was aus dem Opferkult wird und wie für die christusgläubigen Jüdinnen und Juden der Tod Jesu zu deuten ist.

 

Der Erklärungsversuch hier lautet: Christus ist das einmalige Opfer für alle Zeiten – es braucht keinen Opferkult mehr an einem konkreten Ort wie dem Tempel.

 

Predigttext aus Hebr 9 (BigS):

15 [Durch seinen Tod] ist [Christus] Mittler dieses neuen Bundes: Nachdem sein Tod zur Erlösung von den Übertretungen beim ersten Bund geschehen ist, erhalten die Berufenen das Versprechen des ewigen Erbes.

Jetzt ist er vor dem Ende der Weltzeiten einmal durch sein eigenes Opfer erschienen, um die Gottferne vieler Menschen aufzuheben.

27 So wie die Menschen einmal sterben, bevor das Gericht ansteht, 28 so ist auch der Messias einmal dargebracht worden, um die Entfernung vieler Menschen von Gott [Sünden] auf sich zu nehmen. Ein zweites Mal wird er nicht auf Grund der Tora-Übertretungen [Sünde] erscheinen, sondern rettet diejenigen, die ihn erwarten.

 

Christus als einmaliges Opfer … – wäre das eine Antwort auf die drängende Frage, warum ist er nicht heruntergestiegen ist vom Kreuz?

 

Lange formulierte die herkömmlichen Theologie: Jesus musste sterben, weil Gott den eigenen Sohn dahingegeben hat, „geschlachtet“, wie es gleich in mehreren Passionsliedern heißt. Als Sühne für unsere Sünden.

 

Das sind doch oft nur theologischen Floskeln. Existentiell aber ist Schuldverstrickung der Soldaten und die beißende Trauer der Frauen unterm Kreuz!

 

Und wie widersprüchlich ist auch für mich diese Vorstellung: Jesus als gehorsamer, ja fast schon masochistischer Sohn –Gott als ein sadistischer Vater? Musste Gott versöhnt werden, so wie man einen Sündenbock in die Wüste jagt? Johannes schreibt davon, dass Gott die Welt mit sich versöhnte hat, nicht umgekehrt. Und überhaupt: Will ich durch ein grauenhaftes Verbrechen erlöst sein?

 

Neuere theologische Stimmen sagen: Ganz weg mit dem Opfergedanken! – Aber wollten wir dann solche sperrigen Texte einfach ignorieren? Oder als Erklärungsversuche abtun, die uns heute nichts mehr sagen?

 

Ich denke, eine andere Rede vom Opfer ist nötig – und möglich. Der Predigttext spricht zweimal vom Opfer:

 

  1. Christus ist durch sein eigenes Opfer erschienen, um die Gottferne vieler Menschen [Sünde] aufzuheben. (v. 26b)

 

Hier wird vom (Selbst-)Opfer Jesu gesprochen.

 

Aber ist es wird nicht gesagt, dass dieses Opfer von ihm geplant war oder gar als göttlicher „Heilsplan“ vorherbestimmt war. Ich will sogar behaupten: Jesus kam nicht in die Welt, um durch seinen Tod die Welt zu erlösen. Er kam, um das um das nahe Reich Gottes zu verkündigen. Das war seine Mission.

 

Und für diese Botschaft ist Jesus – wenn auch unter Angst und Zweifel! – bereit, Opfer zu erbringen. (Sein Opfer ist also nicht Inhalt seiner Botschaft, sondern die Folge.)

 

Er opfert seiner Botschaft so manchen „Notausgang“, der sich ihm auftut – und den wir womöglich genommen hätten:

 

Warum greift er nicht zum Schwert im Garten Gethsemane und wehrt sich? – Weil er nicht hinter die Bergpredigt zurückkann, wo er Friedfertigkeit gepredigt hat!

Warum schließt er seinen Verräter Judas nicht vom Abendmahl aus? – Weil er vorher schon mit Sündern zusammensaß, und bei Judas, seinem Freund, erweist sich, ob seine Haltung wirklich trägt!

Warum leugnet er nicht vor Pilatus, der Christus zu sein? Weil er sich schon von Anfang an in seinen Worten und Taten als Christus gezeigt hat und alle es hätten sehen können!

Warum klärt er das Missverständnis beim Einzug nach Jerusalem nicht auf, als er auf einem Esel einreitet? – Weil er unbeirrt daran festhält, nicht als weltlicher Herrscher gegen die Römer kommt, sondern als Friedefürst.

 

Und in diesem Zusammenhang die Frage: Warum steigt er nicht vom Kreuz? – Vielleicht (und bewusst setze ich das „vielleicht“) um dem Menschen in letzter Konsequenz aufzuzeigen, wozu dieser im Negativen fähig ist: nämlich zu allem denkbaren Unrecht! Und gleichzeitig dennoch zu zeigen, dass die Botschaft Gottes von Liebe und Vergebung sich hier, im Äußersten, entscheidet und bewahrheitet. Unvorstellbar – und ohne das Kreuz Jesu, ohne dass er sich dafür aufopfert, undenkbar!

 

  1. 28 so ist auch der Messias einmal dargebracht worden [geopfert worden], um die Entfernung vieler Menschen von Gott [Sünden] auf sich zu nehmen.

 

Das ist der Blick quasi von der anderen Seite: Gott-Vater opfert auch, und sogar den eigenen Sohn. Aber auch hier ist nicht gesagt, dass es vorher geplant war oder zur Genugtuung Gottes ist, zur Milderung seines Zornes.

Nein, für mich ist auch dies allein als Akt der Liebe zu den Menschen her zu denken: Gottes Liebe für die Menschen so groß ist, dass sie ihm dieses Opfer wert ist.

Das ist kein sadistischer oder rächender Gott. Ganz im Gegenteil: Es ist ein Gottesbild, das alle Selbstbezogenheit überwindet. Gott zieht sich nicht in den Himmel, in eine Komfortzone zurück. Seine Parteinahme für den Menschen kostet ihm ein Stück von sich selbst.

 

Welche Möglichkeit liegt also im Kreuz: nämlich von der Versöhnungsbereitschaft Gottes zu erfahren! Und selbst im Äußersten noch neu anfangen zu dürfen!

 

 

III.

Warum ist er nicht heruntergestiegen vom Kreuz?

 

Jesus hat für seine Botschaft ein Opfer gebracht. Gott hat ihn „dargebracht“. Das ist meine – absolut – vorläufige Antwort.

 

Aber müssen wir überhaupt verstehen? Sollten wir diese Frage nicht bewusst in der Unfassbarkeit lassen – in der Unfassbarkeit, wie der Mensch sein kann, so wie man den Mord von Emden nicht fassen kann oder den Amoklauf in Oakland nicht verstehen und begreifen kann?

 

Die wenigen, die „unter dem Kreuz“ blieben, verschlug es die Sprache. Mit Tränen, Gebeten und Schweigen hielten sie dem Stand, was sie nicht verstehen konnten. Wie wir es nicht können.

 

Karfreitag ist der Tag des dunklen Gottes. Da bleiben wir jetzt stehen. Die Bibel auf dem Altar ist zugeschlagen, die Kerzen verloschen, der Blumenschmuck verschwunden. Wir singen ohne die Orgel weiter. Drei Tage lang.

 

Erst Ostern kommt Licht in die Sache. Bis dahin gilt: Aushalten, beten und schweigen, so schwer es auch fällt.

 

Jedes Verstehenwollen Gottes ist auch der Versuch, ihn zu uns zu holen in unseren Verstand, ihn kleiner zu machen, als er ist.

 

Glauben zwischen Karfreitag und Ostern heißt für mich: Gott Gott sein zu lassen bei allem, was er tut oder lässt – und ihm immer wieder diese Frage anzuvertrauen: Warum ist Er nicht heruntergestiegen vom Kreuz?

 

Predigt – Luther-Kirche

Ostermontag #1Kor 15,50-58

 

 

[Eigene Übersetzung] 50 Eines müsst ihr wissen, Geschwister: Mit einem Menschenleben aus Fleisch und Blut können wir nicht an Gottes Reich teilhaben, dem Erbe, das er für uns bereithält. Das Vergängliche hat keinen Anteil am Unvergänglichen.

51 Ich sage euch jetzt ein Geheimnis: Wir werden nicht alle sterben [bis zur Wiederkunft Christi], aber wir werden alle [leiblich] verwandelt. 52 In einem einzigen Augenblick wird das geschehen, und zwar dann, wenn vom Himmel her die Posaune zu hören ist, die das Ende der Zeit ankündigt. Sobald die Posaune erklingt, werden die Toten aufstehen als Unvergängliche, und auch wir [Lebende] werden verwandelt werden. 53 Denn wer jetzt vergänglich ist, der soll das Kleid der Unvergänglichkeit anzuziehen; wer jetzt sterblich ist, soll das Kleid der Unsterblichkeit anziehen. 54 Und wenn das geschieht – wenn das Vergängliche mit Unvergänglichkeit bekleidet wird und das Sterbliche mit Unsterblichkeit –, dann geht die Aussage in Erfüllung, die in der Schrift steht:

»Der Tod ist auf ganzer Linie besiegt! «
55 »Tod, wo ist dein Sieg?
Tod, wo ist dein tödlicher Stachel?«

56 Der Stachel, der uns den Tod bringt, ist die Sünde, und dass die Sünde solche Macht hat, liegt am Gesetz. 57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg schenkt durch unsern Jesus Christus, unseren Herrn.

58 Haltet daher unbeirrt am Glauben fest, meine lieben Geschwister, und lasst euch durch nichts vom richtigen Weg abbringen. Setzt euch unaufhörlich und mit ganzer Kraft für die Sache des Herrn ein! Ihr wisst ja, dass das, was ihr für den Herrn tut, nicht vergeblich ist.

 

Kinder trauen sich noch was. Wenn jemand in der Familie oder Nachbarschaft gestorben ist, dann kommen sie mit ihren Fragen: Wo ist er jetzt? Kriegt sie jetzt Flügel? Sieht sie mir zu?

 

Manchmal bewegen sich die Gedanken in die biologische Richtung. Was passiert in der Erde mit der Leiche, die wir begraben haben? Verwest der Körper?

 

Beide Aspekte gehören zusammen, denke ich: Sag mir, wo der Himmel ist (und wie!) – und: Was passiert mit unseren Toten in der Erde?

 

Wir wissen heute viel mehr als Menschen vergangener Jahrhunderte. Viele Rätsel des Menschseins scheinen gelöst. Medizin, Gentechnik und Biologie bestimmen das Leben. Ein rationales Weltbild. Auch gut vorstellbar ohne Gott.

 

Oft sagen Erwachsene auch, „mein Kind soll sich später selber mal entscheiden, ob es Gott braucht oder nicht.“ Alles schön und gut.

 

Aber plötzlich steht ein Kind da, und wir Erwachsene sind gefordert: Wo ist Opa jetzt, wo er tot ist?

 

Auf die einfachen Fragen der Kinder am Grab haben wir nur schwer eine Antwort parat. Ob uns das Generationen vor uns voraus hatten? Haben wir es verlernt, vom Himmel zu sprechen? – Einst trieb das Osterlachen die Angst vor dem Tod aus, das Leben gab dem Tod der Lächerlichkeit preis, triumphierend und herausfordernd: Tod, wo ist dein Stachel, wo ist dein Sieg? – Verloren, ein für alle Mal verloren!

 

Die Kinder machen es uns oft vor: Dort oben, da steht sicher auch ein Klavier, sagte ein kleiner Junge, als der Oper starb, der gerne Klavier gespielt hatte. Und Opa wird sich ans Klavier setzen und sein Lieblingslied spielen. Pause. Und plötzlich sagte der Junge: Und danach mein Lieblingslied, und das von Oma …

 

„Was jetzt vergänglich ist, soll das Kleid der Unvergänglichkeit anziehen“, nennt Paulus das, was der Junge da geleistet hat: Er findet Bilder aus unserem irdischen Leben und überträgt sie in den Himmel. Ummantelt Vergängliches mit dem Unvergänglichem.

 

II.

So weit so gut. Aber ist es das schon, was Paulus der Gemeinde in Korinth ins Stammbuch schreiben möchte?

 

Paulus schreibt nicht unbedingt über den Moment, an dem ein einzelner Mensch stirbt. Er schreibt über den Auferstehungstag aller Menschen und die Wiederkunft Christi. Das sollte damals noch zu Lebzeiten sein. Aber dann starben die ersten Gemeindeglieder. Was wurde aus ihnen in der Zwischenzeit? Und wie ist es für die lebenden Gemeindeglieder, von denen einige wohl einen Bogen um den Auferstehungsglauben machen? Sie wähnten sich auch so schon im Licht des Heils.

 

Mit Blick auf den Auferstehungstag spricht Paulus beiden Personengruppen, die schon Verstorbenen und noch Lebenden, zu: Euer Leben wird verwandelt (v. 51): weg von der Vergänglichkeit (Verweslichkeit), hin zur Unvergänglichkeit (Unsterblichkeit).

 

Und dann dieses Bild: Die Gräber werden sich öffnen. Die Posaune erklingt vom Himmel.

 

III.

Beschreibt Paulus den Himmel, mit dem Schall der Posaune, ähnlich einfach, oder gar naiv, wie ein Kind mit einem Klavier, an dem der Opa spielen kann? – Oder noch härter gefragt: Was will der Text sagen in unsere Welt, in der wir es schon schwer genug haben, die Auferstehung Jesu an Ostern weiterzusagen?! Nun geht es um die apokalyptische Vorstellung der Unvergänglichkeit aller Menschen an einem Letzten Tag!

 

Was können wir für Ostern 2012 hören?

 

  1. Für mich steckt hinter dem Bild vom Auferstehungstag mit den Posaunen und den sich öffnenden Gräbern ein Ur-Vertrauen, dass Gott es mit dieser Welt am Ende ihrer Zeit gut zu Ende bringt. Ein neuer Himmel, eine neue Erde sind versprochen. So wie die Welt einen guten Anfang nahm in der Schöpfung und uns das Leben geschenkt wurde, so wird Gott sie halten bis zuletzt und neu machen.

 

Dass diese Verheißung sich erfüllt, hat mit der grundlegenden Entscheidung an Ostern zu tun: An Ostern ist der Tod ist besiegt. Er ist noch in der Welt – o ja, das spüren und hören wir jeden Tag: Aber der Tod hat nicht mehr den zerstörerischen Todesstachel (Peitsche). Gott hat schon alle erdenklichen Kämpfe gewonnen. Er hat Jesus, seinen Sohn, nicht im Tod gelassen. Die Evangelien berichten vom leeren Grab, von der Freude, die die Frauen und dann die Jünger erfreut: Wenn Ihr Jesus sucht – hier werdet ihr ihn nicht finden. Wenn ihr das Leben ergreifen wollt, geht weg vom Grab. Er lebt.

 

Wie immer das vorstellbar ist: Im Glauben daran, dass Gott Jesus auferweckte, hat das Leben über den Tod gesiegt – und ganz persönlich ist unser Leben gerettet, heute und morgen und ewiglich. Tod, wo ist dein Sieg?!

 

  1. Wir werden verwandelt, sagt Paulus. Und Paulus schreibt selbst schon verwandelt: mit so wenig Betroffenheit vom Tod, kaum mit Ängstlichkeit oder Sorge, sondern er findet Worte und Bilder, die jubeln, aus denen Freude und Gewissheit sprechen. Der Tod ist verschlungen vom Sieg! Gott wird gedankt. Er lässt uns durch Jesus teilhaben an seinem Sieg über den Tod.

Paulus ermutigt mich, mir über meinen Tod keine Gedanken mehr zu machen, sondern mich ganz auf das Leben zu konzentrieren. Sei fest und unerschütterlich. Mach weiter mit der Arbeit, zu der du berufen bist, denn diese Arbeit ist nicht vergeblich! „Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren auferstandenen Herrn Jesus Christus!“

Diese Vision vom Auferstehungstag prägt doch mein Leben im Hier und Jetzt. Dabei ist hier das ganze Leben im Blick, nicht nur das Lebensende. Am Ende ist es möglicherweise einfach zu spät. Ein gewissenhafter, nun allerdings auch nicht unbedingt fröhlicher Blick auf meinen Tod, wie ich ihn mit Paulus wage, macht mir das Leben, wie ich es jetzt noch erlebe, wertvoll und lieb. Mich treibt nicht mehr der Stachel des Todes durch das Leben.

Nein, der Tod soll mich nicht (mehr) durchs Leben treiben: Ich rechne nicht, wie viel Lebenszeit noch statistisch bleibt. Ich überschaue nicht, was ich bereits alles verpasst haben könnte. Ich verstricke mich nicht im Anspruch, was ich noch erleben muss. Dass dem Tod der Stachel gezogen ist, bedeutet Freiheit: von aller Selbstbezogenheit und dem Egoismus, noch unbedingt etwas besitzen und haben zu müssen.

Mich treibt die Freude über das Leben an sich an. Und die Hoffnung, dass ich geborgen bleibe bei Gott, selbst im Tod und über mein irdisches Leben hinaus, sei es, dass ich den Auferstehungstag der Schöpfung einst als Toter oder Lebendiger erlebe.

 

III.

Ob wir wieder mehr Mut und Hoffnung haben, vom Himmel zu sprechen? Ob wie – wir Kinder – es schaffen, unserer Vergänglichkeit etwas Unvergängliches anzuziehen? Schaffen wir es, das, was uns hier im Leben gut und wichtig ist, ganz selbstverständlich auch im Himmel zu wähnen?

 

Hanns Dieter Hüsch, der rheinische Musikant, Kabarettist und Christ, hat mal „Ein kleines Buch aus heiterem Himmel geschrieben“. 2005 verstarb er. Ob er seinen Weg in den Himmel letztlich so „verwandelt“ gegangen ist, wie er es schreibt, wissen wir nicht. Aber er hat aus dem Vergängliches heraus das Unvergängliche zu beschreiben versucht, mit der christlichen Heiterkeit und Lebensfreude:

 

In den Himmel kommen (Hanns Dieter Hüsch)

 

Also gehe ich dann gleich.

Das Notwendigste hab ich ja sagte ich

Und pass auf dich auf, sagte meine Frau

Und vergiss nicht anzurufen, wenn du angekommen bist, und denk daran du bist der erste Deutsche, Den Er lebend in den Himmel kommen lässt.

Na gut, sagte ich, dafür unterhalte ich ihn ja auch.

Gib nicht so an, sagte meine Frau. Und wenn er weiß wo mein Vater ist, dann frag Ihn doch mal, Ob Er ihn dir zeigt oder ob du mit ihm sprechen darfst.

Ich weiß ja nicht wie das geht

Hast du deine Predigten mit?

Ja sagte ich zwei.

Nur zwei?

Ja sagte ich, und ein paar Fürbitten und ein paar Psalmen und noch so Gedichte.

Na schön, sagte meine Frau, dann geh jetzt mal, und vergiss nicht dass ich dich liebe. Und wir sehen uns wieder!

Das will ich meinen, sagte ich, sonst ginge ich nicht

Nun lauf wacker!

Ja sagte ich! Ich drehe mich nicht um, denn ich weiß nicht ob das gut ist.

Ist schon gut, sagte meine Frau. Bestell liebe Grüße an den lieben Gott. Und geh jetzt deinen Weg bevor es dunkel wird.

Ich kann immer noch sagen ich hätte es mir anders überlegt.

Nein das sagen wir nicht, sondern du gehst jetzt, und ich gehe jetzt, und wenn wir uns wiedersehen …

Und wir sehen uns wieder!

Dann sind wir alles was wir sind: alt und glücklich.