„Fürchtet Euch nicht!“ – Das ist im ersten Atemzug die Botschaft des Engels, der in der Weihnachtsgeschichte die Geburt Jesu verkündigt. Ein Bibelwort für unsere Zeit!
Denn „2016 ist das Jahr der Ängste“, schrieben die Zeitungen im Sommer. Umfragen ergaben, dass die „Ängste der Deutschen“ so schnell gestiegen sind wie nie zuvor. Die Angst hat sich auch gegen Menschen gerichtet, gegen Fremde, augenscheinlich „Andere“. Angst wird instrumentalisiert und geschürt. Wir leben in einer Zeit, in dem die Globalisierung neu sichtbar wird, mit weltweiten Abhängigkeiten zwischen den Teilen der Welt, mit ihren Verlierern und Gewinnern. In jeder modernen Gesellschaft scheint es ein Potential von Wut, Hass und Zerstörung zu geben.
Zuweilen herrscht eine Stimmung vor, dass diejenigen, die ein offenes, humanes Miteinander wollen, sich verteidigen müssen und nicht etwa die, die es unterwandern. So hat es die Friedenspreisträgerin Carolin Emcke auf den Punkt gebracht. Stimmt diese Analyse, berührt es uns unmittelbar als Diakonisches Werk und als Mitarbeitende. Denn wir erfüllen unseren Auftrag nicht unabhängig vom gesellschaftlichen Klima. Wir prägen es mit. Wir sind angewiesen auf einen gesellschaftlichen Grundkonsens, dass wir eine humane und offene Gesellschaft (bleiben) wollen.
„Fürchtet euch nicht!“ – Angst ist eigentlich etwas zutiefst Menschliches. Sie will uns aktivieren und wach und handlungsbereit machen. Aber es ist so weitgekommen, dass das Angstgefühl selbst als Begründung für Hass und Gewalt genutzt wird. Das ist hochproblematisch!
Entsteht Angst dort, wo sich schnell Veränderungen vollziehen? Wo Gewohntes anders wird? – Wenn wir auf das Jahr 2016 zurückblicken, dann war eine Währung unserer Arbeit die Veränderung. Und wir sagen deutlich: Wir sind froh und dankbar, dass an so vielen Stellen des Diakonischen Werkes so viele Mitarbeitende mutig und oft auch mit einem Vertrauensvorschuss an vielen Veränderungen mitgearbeitet und sie mitgestalten. Veränderungen müssen nicht per se Angst machen.
Danke für die geleistete Arbeit, für alles, was Sie fachlich, aber auch persönlich eingebracht haben. Für Veränderungsbereitschaft und Mut. Für die Zu-Mutung, manche Dinge neu und anders zu denken!
In fast allen Geschäftsfeldern herrscht Wandel und hohe Dynamik. Oft zwingen Gesetzesveränderungen zum Handeln: Besonders sichtbar wird das 2017 im Bereich der Altenheime, wenn wir das Matthias-Claudius-Haus und das Haus Abendsonne modernisieren, Haus Simeon aber schließen und hoffentlich alle Mitarbeitende an anderer Stelle einen Arbeitsplatz anbieten können. Viele Betroffene haben sich hier Veränderungen gestellt. Beim Erneuerungsprozess der Diakoniestationen sind die Gesetzesveränderungen eine Chance, sich neu zu erfinden. Im gesamten Werk haben wir eine hohe Bautätigkeit – und das in Zeiten der Ambulantisierung!
Wir warten auf das Bundesteilhabegesetz und versuchen nicht nur in den Recklinghäuser Werkstätten und im Geschäftsfeld Wohnen inklusiver zu denken. Wie würde es das gesamte Werk (positiv!) verändern, wenn wir uns als „TeilhabeUnternehmen“ verstünden?
In „Erziehung und Förderung“ war ständig Wandel erlebbar, je nach dem wie sich der Fokus der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge verschob: Sprachkurse finden, Sorge um den Schulbesuch, Organisieren von Praktika – vom direkten Auf und Ab der pädagogischen Herausforderungen ganz zu schweigen.
Die Erfahrung der täglichen Arbeit (und der Anspruch an sie!) ist doch: Jede menschliche Begegnung ist anders und verändert. Kein Moment kann zurückgeholt oder festgehalten werden. Einzig konstant ist die Veränderung.
Das gilt auch für unser Werk insgesamt, das ziemlich lautlos, aber mit viel Detailarbeit im Hintergrund nun eine gGmbH geworden ist. Es hat die nötige Stabilität: Es vereint und tradiert Wissen und Haltungen vieler langjähriger Mitarbeitenden. Es ist groß genug und hat behutsam unter dem Dach „Diakonisches Werk Emscher-Lippe e.V.“ eine strategische Partnerschaft mit Gladbeck-Bottrop-Dorsten begonnen, damit Veränderungen möglich sind, aber eben keine Angst machen müssen. Auf dem Personalportal der neuen Internetseite werben wir mit sicheren Arbeitsplätzen und persönlichen Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Das können wir tatsächlich mit Selbstbewusstsein so sagen!
„Fürchtet Euch nicht! Siehe ich verkündige Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird: Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lukasevangelium 2,10f.)
So verkündet der Engel die Weihnachtsbotschaft. Das „Fürchtet Euch nicht!“ passt zum 500. Reformationsjubiläum, das die Evangelische Kirche und ihre Diakonie 2017 feiern. Wir beteiligen uns mit einem Themenschwerpunkt „Diakonie und Reformation“, der verschiedene Veranstaltungen umspannt. Lassen Sie sich ein wenig überraschen!
Martin Luther, der sich vor dem strafenden Gott fürchtete, entdeckte, dass man von der eigenen Person absehen und sich dem bedingungslos liebenden Gott anvertrauen kann, gerade auch mit seiner Angst. Der Engel-Ruf reicht über Weihnachten hinaus und könnte entlasten von so mancher Zukunfts- und Veränderungsangst: Wir haben es letztlich nicht in der Hand. Aber wir können im Rahmen unserer Möglichkeiten Verantwortung übernehmen, entgegen der allzu oft suggerierten Lähmung und Resignation.
Genau in diesem Geist möchten wir mit unserem Weihnachtsgruß auch einen Verbesserungsvorschlag aus diesem Jahr umsetzen: Spenden Sie den genauen Centbetrag Ihres Gehaltes für einen konkreten Zweck unserer diakonischen Arbeit!
Jeder von uns kann recht einfach dazu beitragen, dass Menschen mit oft akuter Überlebensangst etwas mehr Hoffnung schöpfen können. Wir legen Ihnen ans Herz, einfach auf die Cent-Beträge Ihres Gehaltes zu verzichten. In 2017 wollen wir das Geld zur Verbesserung des Essensangebotes im Tagesaufenthalt für obdachlose Menschen in Herten verwenden.
Ihnen und Ihren Angehörigen wünschen wir eine besinnliche Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und ein gesegnetes Jahr 2017!